Gedichte unter der Laterne: unsichtbar

Sonntag, 17. April 2016

unsichtbar

unsichtbar

nachts
ist die Zeit
der wahren
Sprache

du bist schön
schrieb mein Herz
mit unsichtbaren
Lettern

wir umarmten uns
zwischen zwei Versen
zweimal zwei Arme
zwei Körper
ein Atem

öffneten
die letzte Tür
erschrocken
vor Glück

(Rea Revekka Poulharidou)

Foto: Tim Maas

Du bist verrückt mein Kind

Sonett Nr. 19

Sonett Nr. 19

Nur eines möcht ich nicht: daß du mich fliehst.
Ich will dich hören, selbst wenn du nur klagst.
Denn wenn du taub wärst, braucht ich, was du sagst
Und wenn du stumm wärst, braucht ich, was du siehst

Und wenn du blind wärst, möcht ich dich doch sehn.
Du bist mir beigesellt als meine Wacht:
Der lange Weg ist noch nicht halb verbracht
Bedenk das Dunkel, in dem wir noch stehn!

So gilt kein “Laß mich, denn ich bin verwundet!”
So gilt kein “Irgendwo” und nur ein “Hier”
Der Dienst wird nicht gestrichen, nur gestundet.

Du weißt es: wer gebraucht wird, ist nicht frei.
Ich aber brauche dich, wie’s immer sei
Ich sage ich und könnt auch sagen wir.

(Bertolt Brecht)